Masterplan Energie

Auf dem Weg zu Netto-Null 2050

Der Weg zu Netto-Null 2050 ist ambitioniert. Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Weichen frühzeitig richtig gestellt werden. Die Gemeinde Biberist nutzt das Instrument Energiestadt, um im Rahmen des umfassenden Prozesses ihren Beitrag zu Netto-Null 2050 zu leisten. Für die Zertifizierung ist das Erarbeiten eines energiepolitischen Massnahmenprogramms (genannt EPOLI) zentral. Der Masterplan Energie ist ein wichtiger Bestandteil im Biberister Massnahmenprogramm 2024 – 2028. Denn der Energieversorgung kommt eine wichtige Rolle zu, um das Ziel Netto-Null 2050 zu erreichen.

Was heisst «Netto-Null 2050»?
Das «Klimaschutzgesetz» (Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit) vom 18. Juni 2023 wurde von der Schweizer Stimmbevölkerung klar angenommen. Es verpflichtet uns Massnahmen zu treffen, dass die Wirkung der in der Schweiz anfallenden, von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 Null beträgt. Damit ist das Ziel «Netto-Null 2050» in der Schweiz gesetzlich verankert und Unternehmen, Gemeinden und die Bevölkerung sind dazu angehalten ihren Beitrag zu leisten.

Der Masterplan Energie für Biberist

Ziele
Um Netto-Null 2050 zu erreichen, definiert der Masterplan Energie quantitative Ziele und konkrete Massnahmen für die Energieversorgung auf dem Gemeindegebiet. Abgeleitet aus Szenarien des Bundes wurden für Biberist Ziele zum Ausbau der Photovoltaik, zur Reduktion des Wärmebedarfs und von Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich sowie zum Ausbau der erneuerbaren Mobilität definiert. Zudem wurden Zwischenziele für 2035 gesetzt.

Wärme: Verbrauch reduzieren

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Reduktion des Gebäudeenergieverbrauchs pro Kopf
Ziel für Raumwärme und Warmwasser in den Sektoren Wohnen und Dienstleistungen. Reduktion analog Energieperspektiven 2050+.
2022: 8.12 MWh/Jahr und Kopf
2035: -22% zu Jahr 2022
2050: -36% zu Jahr 2022

Wärme: klimaneutral produzieren

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Vollständige Dekarbonisierung des Gebäudebereichs
Die Treibhausgas-Emissionen für die Raumwärme- und Warmwasseraufbereitung sollen analog Energieperspektiven 2050+ wie folgt sinken: 
2022: 12’479 t CO2/Jahr
2035: -58% zu Jahr 2022 
2050: keine CO2-Emissionen mehr > Dies bedeutet, dass zusätzlich zur Reduktion des Gebäudeenergieverbrauchs fossile Heizungen durch erneuerbare Heizungen ersetzt werden müssen. 

Strom: mehr produzieren

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Steigerung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft)
Die Photovoltaikproduktion in Anlehnung an die Energieperspektiven 2050+ und die kantonalen Ziele wie folgt steigen: 
2022:  3’747 MWh / Jahr
2035:  Vervierfachung gegenüber 2022
2050:  Verzehnfachung gegenüber 2022

Mobilität: effizienter fahren

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Dekarbonisierung des Verkehrs
Steigerung des Anteils an Fahrzeugen mit erneuerbarem Treibstoff analog den Energieperspektiven 2050+:
2022: 2% batterie-elektrisch betriebene Fahrzeuge (92 Stück)
2035: 45%-Anteil von batterie-elektrischen Fahrzeugen im Bestand gemäss einer neueren Studie von BFE und EBP (Bundesamt für Energie, 2023, S. 17) à 2’300 batterie-elektrische Fahrzeuge in Biberist. 
2050: 95% Anteil batterie-elektrisch oder mit synthetischem, erneuerbarem Treibstoff betriebene Fahrzeuge, Rest konventionelle Antriebe

Massnahmen
Zur Zielerreichung wurden Massnahmen in verschiedenen Bereichen erarbeitet: Wärme, Kälte, Strom, Mobilität und Vorbildfunktion der Verwaltung. Dabei handelt es sich um Massnahmen, welche die Gemeinde beeinflussen kann. Die Verantwortung für die Überprüfung der Massnahmenumsetzung liegt bei der Arbeitsgruppe Energiestadt. 

Massnahmen Wärme
Massnahmen WärmeWer, wann
W1: Masterplan der EVB, der BAC und der Regio Energie Solothurn vorstellen GP, Ende 2023
W2: Machbarkeitsstudie für potenzielle Wärmeverbundsgebiete Nord, West, Ost und Süd erstellen lassenEVB / BAC, 2024
W3: Gespräche mit Schlüsselkunden in Gebieten der potenziellen Wärmeverbünde führen; evtl. Nutzung SEP (Lizenz)EVB, 2023- 2025
W4: Kommunikation der potenziellen Wärmeverbundsgebiete an die Bevölkerung; evtl. Nutzung SEP (siehe W8). 
Aussagen: 1) Gebiete, in welchen es in den nächsten 20 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit keine zentrale Wärmeversorgung geben wird. 2) Gebiete, wo zentrale Wärmeversorgungen geprüft werden.
Bau + Planung, 2024
W5: Prüfung eines Förderprogramms für Übergangslösungen bis zum Anschluss an einen Wärmeverbund (Beiträge an die Nutzungsdauerverlängerung der Öl- oder Gasheizung oder an eine mobile Heizung bis zum Anschluss an die Nahwärme); Finanzierung in Abhängigkeit zum Grundsatzentscheid im EPOLI Ziffer 6.1.4.Gemeinderat, 2024
W6: Infoveranstaltungen zu Gebäudesanierungen durchführen (sofern nicht durch den Kanton bereits abgedeckt)Bau + Planung, 2025 ff
W7: Überprüfung Konzessionsvertrag Regio Energie Solothurn; Klärung Strategie für das Gasnetz in Biberist, insbesondere in den wärmeversorgten Gebieten sowie für Bedarf für Spitzenlastabdeckung und IndustrieGP, 2024
W8: Entscheid über Verpflichtungen der Bauherrschaften zur Nutzung erneuerbarer Energien (wo im Rahmen von Gestaltungsplänen möglich, gestützt auf Prioritätsgebieten im Masterplan, inkl. Abwärme)Gemeinderat, 2024
W9: Prüfen eines Portals für die Kommunikation der priorisierten Wärmelösung für die Bürger (SEP).Bau + Planung, 2024
Massnahmen Kälte
Massnahmen KälteWer, wann
K1: Im Rahmen des Ausbaus der KEBAG-Fernwärme Zentrum prüfen, ob auch Kältelieferung im gleichen Zug wie Wärmelieferung machbar wäre.EVB, 2023
K2: Im Rahmen der Machbarkeitsstudie für Grundwasserwärmeverbund im Südosten von Biberist das Potenzial für die Kälteversorgung prüfen lassen EVB, 2026
K3: Konzept für Wärmeschutz bei öffentlichen Plätzen und Gebäuden erarbeiten (Bäume; Luftdurchlässigkeit)Bau + Planung, 2028
Massnahmen Strom
Massnahmen Photovoltaik Wer, wann
S1: Regionale Koordination des Netzausbaus unter den Gemeindewerken und der BKWEVB, ab 2023
S2: PV-Anlagen auf grossen Solardächern selbst bauen  EVB, ab 2023
S3: Etablieren eines gemeindeeigenen Modells, in dem sich Personen ohne eigenes Gebäude an einer PV-Anlage beteiligen können (Bürgerbeteiligung)EVB, 2025
S4: Aktive Information zu und Förderung von lokalen Energiegemeinschaften, sofern im Stromversorgungsgesetz so verabschiedet in der Erwartung, dass grössere PV-Anlagen gebaut werdenEVB, 2024
S5: Prüfung finanzielle und baurechtliche Förderung von PV-Anlage mit erhöhter Winterstrom-Produktion (Finanzierung in Abhängigkeit zum Grundsatzentscheid im EPOLI Ziffer 6.1.4.)Gemeinderat, 2024
Massnahmen Mobilität
Massnahmen MobilitätWer, wann
M1: Prüfung finanzielle Unterstützung für Ladekonzepte in grösseren Mehrfamilienhäusern (Finanzierung in Abhängigkeit zum Grundsatzentscheid im EPOLI Ziffer 6.1.4. und Verordnung zu EnGSO).Gemeinderat, ab 2025
Massnahmen Vorbildfunktion
Massnahmen VorbildfunktionWer, wann
V1: Die energetische Sanierungsplanung wird im Rahmen der strategischen Gebäudeplanung vorgenommen. AG strategische Gebäudeplanung, laufend
V2: Bei jedem Heizungsersatz werden erneuerbare Energieträger eingesetzt. Bis zum Jahr 2040 werden sämtliche Gebäude erneuerbar beheizt, mit Ausnahme einer allenfalls fossilen Spitzenlastabdeckung.Bau + Planung, 2040
V3: Der Ausbau der Photovoltaik-Anlage wird im Rahmen der strategischen Gebäudeplanung geplant.EVB, laufend
V4: Neue Fahrzeuge der Gemeinde werden nach Möglichkeit mit erneuerbarem Treibstoff betrieben.Bau + Planung, laufend

Energieverbrauch heute und in Zukunft
Um die Versorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, muss erst erhoben werden, wo wie viel Energie verbraucht wird. Der Gesamtenergieverbrauch wird in Strom und Wärme unterteilt. In Biberist wird jährlich 35.9 GWh Strom und 74.5 GWh für Gebäudewärme benötigt. Die Industrie hat einen zusätzlichen Bedarf an Gebäude- und Prozesswärme von 5 GWh. Die Zahlen dürfen nicht miteinander addiert werden, da es vom Strombedarf rund 5.6 GWh auch für die Gebäudewärme und rund 0.7 GWh für die Prozesswärme verwendet werden. Die Verwendung von Strom für Gebäude- und Prozesswärme wie auch für die Elektromobilität wird stark zunehmen. Der gesamte Strombedarf wird somit beträchtlich steigen. Die Energieperspektiven rechnen zwischen 2020 und 2050 mit einer Zunahme des Elektrizitätsverbrauchs in der Schweiz um 8% im Szenario «Weiter wie bisher» und mit einer Zunahme um 9% Szenario Zero Basis.

Der grösste Energiebedarf der Gemeinde Biberist besteht bei der Gebäudewärme in den Sektoren Wohnen und Dienstleistung. Die Gebäudewärme wird noch zu 73% mit Gas oder Heizöl erzeugt. Beim Gas dürfte es sich zu 90% um Erdgas handeln, da das Standardprodukt des Lieferanten Regio Energie Solothurn 10% Biogas beinhaltet. Gesamtschweizerisch waren gemäss Energieperspektiven des Bundes (2020) rund 63% der Gebäudewärme (Raumwärme und Warmwasser) in den Sektoren Haushalte und Dienstleistungen fossil.

Geografische Verteilung der Heizsysteme

Produktionspotenziale für Wärme und Strom
Die Produktion von erneuerbarer Wärme kann zentral wie bei einem Wärmeverbund oder dezentral wie z.B. mit Wärmepumpen erfolgen. Eine zentrale Wärmeversorgung über einen Wärmeverbund bietet sich nur in Gebieten mit hoher Wärmedichte an, da der Bau und Betrieb des Wärmenetzes sonst nicht rentabel ist. Untenstehende Grafik zeigt für Biberist die geplanten und mögliche Wärmeverbundsgebiete. Für den Wärmeverbund Papieri haben die Bauarbeiten im August 2024 gestartet. Dieser wird mit der Abwärme der kenova AG (ehemals KEBAG AG) betrieben. Grundsätzlich sind verschiede Energieträger möglich, doch die Fernwärme ist im Fall von Biberist gut geeignet. Das Gebiet Zentrum sowie die potenziellen Gebiete Nord, West und Ost können mit Fernwärme erschlossen werden. Holz wäre dabei jeweils die Alternative. Das Gebiet Süd könnte ebenfalls Fernwärme oder Grundwasser als Wärmequelle nutzen. Bei der Fernwärme ist im Gebiet Süd aufgrund der fehlenden Energiedichte die Wirtschaftlichkeit jedoch fraglich. 

Wärmebedarf und geplante (blau) sowie potenzielle (grün) Wärmeverbundsgebiete

Die dezentrale Wärmeerzeugung kann Wärmepumpen, Solarthermie oder Holz nutzen. Gas – auch erneuerbares – sollte nicht für Gebäudewärme eingesetzt werden, sondern für Industrie und Schwerverkehr. Als Energiequelle für Wärmepumpen sind Erdwärme und Luft nutzbar. Über eine Website des Kantons lässt sich ermitteln, ob Erdwärme genutzt werden kann (weitere Informationen). Die allermeisten Gebäude in Biberist liegen in Gebieten, wo Geothermie möglich ist.

Die Produktion von erneuerbarem Strom kann vor allem durch den Zubau von Photovoltaikanlagen gesteigert werden. In Biberist sind 189 PV-Anlagen mit einer Leistung von 3’900 kWp installiert (Stand 2023). Fast sämtliche Dächer von Biberist sind gut bis hervorragend geeignet für die Solarstromproduktion, wobei «gut» einer jährlichen Produktion von mindestens 1’000 kWh/m2 entspricht. Untenstehende Grafiken veranschaulichen die Eignung der Dachflächen für PV-Anlagen sowie den potenziellen Stromertrag.

Würden sämtliche mindestens als «gut» klassierten Dächer die Sonne nutzen, könnten 78’000 MWh Strom oder 20’000 MWh Wärme und 55’000 MWh Strom produziert werden. Dies im Verhältnis zu einem heutigen Wärmebedarf von 74’700 MWh und einem Strombedarf von 35’900 MWh. Wichtig ist hier der Verweis auf die zeitliche und örtliche Disparität von Bedarf und Produktion, welches mittels Speicher teilweise lokal und zu einem wesentlichen Teil national über Grossspeicher (v.a. Wasserkraft) auszugleichen gilt.

PV-Potenzial in Biberist
Potenzieller PV-Stromertrag

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